Mein erstes Jahr als Lehrerin

Blick aus dem Klassenzimmer
Blick aus dem Klassenzimmer

Wie war das erste Jahr als Quereinsteigerin?

Gut. Und anstrengend.

 

Als Quereinsteiger kommt man von Draußen und findet sich in der Welt der Schule wieder. Man steht plötzlich vor einer Klasse und fragt sich: Was mache ich hier? Es geht, irgendwie. Wenn ich an die ersten Wochen zurückdenke, dann staune ich. Wie habe ich das Unterrichten geschafft?

Meine Erfahrungen als Dozentin in der Volkshochschule, als Onlinetutorin und als Verantwortliche bei Ganztagsangeboten haben mir geholfen.

 

Aber am wertvollsten war meine Karriere als Mutter. Sie hatte mir ein solides Fundament gebaut, so dass ich in meinem ersten Jahr nicht wirklich ins pädagogische Wanken kam. Man sollte allen Müttern automatisch viele Kompetenzen anrechnen. Leider passiert meist das Gegenteil.

 

Also, ich habe mir trotz meiner bisherigen relativen Ferne vom konkreten Schulbetrieb sicher und wohl bei meiner Arbeit gefühlt. Wie ein Fisch im Wasser.

Und genau das hat mich so glücklich gemacht, denn in den letzten Jahren war mein Lebensgefühl im Job meistens das eines Fisches im Trockenen. Deshalb bin ich dankbar, dass ich auf Umwegen in der Schule gelandet bin. Ich freue mich schon jetzt auf das nächste Schuljahr.

 

Es wird herausfordernd, denn nebenbei möchte ich endlich mein Fernstudium in Geschichte und Literatur beenden. Dazu muss ich meine Masterarbeit schreiben.

Mein Arbeitsfeld: der Informatikraum
Mein Arbeitsfeld: der Informatikraum

Ich dachte ja vor einem Jahr in meinem naiven Leichtsinn eines Anfängers, ich könnte die Masterarbeit schon jetzt schreiben. Aber das erste Jahr als Lehrerin hatte es in sich. Eine Kollegin sagte mir tröstend: das erste Jahr muss man überleben. So ist es wohl. Im zweiten Jahr kenne ich mich besser aus und vieles wird einfacher.

 

Allerdings gibt es eine weitere Herausforderung:

Schule ist ein Monster. Schule kostet viel Kraft, sie frisst dich auf. Auch das habe ich in diesem Jahr zu spüren bekommen. Meine Müdigkeit und Anspannung sind meine größten Hürden gewesen. Ich musste lernen, wie ich abschalten kann und wie Entspannung gelingt. Ein wichtiger Satz aus einer Fortbildung hilft mir: Wir können als Lehrer nicht die Welt retten. Es ist unmöglich, immer alle Schüler zu erreichen und ihre Probleme zu lösen. So schön das auch wäre, aber mit diesem Anspruch überfordern wir uns. Mein Bestes zu geben und darauf zu vertrauen, dass auch andere Kräfte wirken und die Schüler voran kommen… das ist eine gesündere Einstellung. 

Schule ist nur ein Monster, wenn wir zulassen, dass sie uns auffrisst.

 

Ich selbst habe in diesem Jahr sehr viel durch die Arbeit mit den Schülern und Kollegen gelernt. Bin ich denn eine Lehrerin, wenn ich selbst ständig lerne? Mal ganz abgesehen davon, dass es für Schüler wahrscheinlich nichts Besseres gibt als Lehrer, die selbst gerne lernen, ist es so, wie Martin Buber geschrieben hat:

 

Unsere Schüler bilden uns. Unsere Werke bauen uns auf.

 

Deshalb geht es mir so gut nach meinem ersten Jahr als Lehrerin.

 

 

P.S. Doreen führt anlässlich des 30. Jahrestages des Mauerfalls Interviews. Auch mit mir hat sie gesprochen, weil sich meine Masterarbeit mit Aspekten der DDR-Geschichtskultur beschäftigen wird. Das Interview findet ihr hier.

 

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Kommentare: 4
  • #1

    KaZe (Montag, 08 Juli 2019 15:16)

    Schön zu lesen, dass dir das erste Jahr gelungen ist und du einen Stand geschaffen hast,der dich dann weiter gut stabilisieren wird. Und wenn man sich die Freude am Ganzen erhalten kann, ist viel erreicht wie ich finde. Das kann ich auch bestätigen, dass man als Mutter bstimmte Dinge gut abzuschätzen weiß, da ist die pädagogische Aisbildung das Leben gewesen und wahrscheinlich manchmal wertvoller als die Theorie. Das wird weithin unterschätzt!
    viele Grüße, Karen

  • #2

    Doreen (Montag, 08 Juli 2019 15:19)

    Liebe Lucia, ein Rückblick der es in sich hat, so wie Dein zurückliegendes Schuljahr. Alle Achtung und herzlichen Glückwunsch! Ich freue mich sehr, dass Du Deine Umgebung zum Schwimmen gefunden hast und dass Du an den Herausforderungen so reflektierend, hinterfragend und lernend gewachsen bist. Hab eine wunderbare Ferienzeit mit Entspannung, Spaß und Freude. Herzliche Grüße, Doreen

  • #3

    mano (Dienstag, 09 Juli 2019 08:08)

    gut durchdacht und gut gemacht! du kannst stolz auf dich sein!
    schöne ferien!!
    liebe grüße
    mano

  • #4

    jahreszeitenbriefe (Mittwoch, 10 Juli 2019 19:05)

    Das liest sich gut und zuversichtlich. Schön, dass du Fischlein nun den Sprung vom Trockenen ins richtige Wasser geschafft hast. Liebe Grüße Ghislana