Es war keine Dienstreise, es war auch kein Urlaub. Es glich vielmehr einer Pilgerreise. Meine Reise mit einigen Anderen nach Südrussland war zuallererst ein Besuch unserer katholischen Partnergemeinde. Deshalb will ich in diesem ersten Teil vom Glauben erzählen.
Man darf wieder glauben in Russland. Wir sahen viele orthodoxe Kirchen, im Bau oder renoviert. Andere Konfessionen haben nicht so viel Unterstützung, können aber auf mehr Freiheit bauen als in den Zeiten des Kommunismus. Wie stark damals die Verachtung alles Religiösen war, wurde uns in der großen Kathedrale in Nowotscherkassk bewusst. Bei unserem Besuch erfuhren wir, dass diese Kathedrale damals als Traktorenfabrik genutzt wurde.
Heute sind viele katholische Kirchen in umgebauten Wohnhäusern untergebracht. Die alten Kirchen werden nur teilweise und unter bürokratischen Kämpfen zurück gegeben. Die Gemeinden sind klein, aber sie wachsen und sind stolz auf alles, was sie erreicht haben. Wir erzählten natürlich auch von unserer Situation. Im Osten Deutschlands ist es ja so, dass über 80 Prozent der Menschen, die man fragt, ob sie christlich seien, antworten: "Nein, ich bin normal." Darüber mussten unsere Gastgeber lachen. Sie merkten, es ist in Deutschland auch nicht so einfach.
Wir waren dennoch beschämt. Unsere Probleme kamen uns klein vor. Und unsere Freiheit haben wir so selbstverständlich. Wie kostbar sie ist, das lernten wir in Russland.
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