Nichts einfacher als das: täglich etwas aufschreiben, das ist schon Tagebuch schreiben. Wenn es nur so einfach wäre. Viele Fragen stehen zwischen dem Tagebuch und mir. Wie schreibe ich? Was? Wann? Wohin?
Es gibt keine Regeln. Das können wir halten, wie wir wollen. Online oder auf Papier. Täglich oder gar nicht. (Es gibt keine Pflicht zum Tagebuch schreiben.) Ausufernde Texte oder knappe Zeilen? Wie wir wollen.
Soviel Freiheit kann verwirrend sein. Was will ich denn?
Folgende Fragen können dabei helfen:
Will ich etwas festhalten oder dokumentieren?
Bei Frau Brüllen gibt es den Tagebuchtag jeweils am 5. des Monats. Er steht unter dem Motto: was habe ich heute eigentlich gemacht. (hier der Link mit vielen Beispielen)
Das ist ein guter Einstieg ins Tagebuchschreiben. Denn dieser Zwang, ab jetzt immer (!) täglich (!!!) schreiben zu müssen, lässt die meisten gar nicht erst anfangen.
Begrenzte Zeiträume oder Themen eignen sind ideal, um zu testen, ob das was für mich ist: ein Reisetagebuch, ein Glückstagebuch; einen Tag in der Woche oder im Monat beschreiben.
Will ich mir über etwas klar werden, eine Entwicklung verfolgen?
In diesem Fall ist das Tagebuch ein Gegenüber, dem ich meine Gedanken und Gefühle ungefiltert übergeben kann. Das ist befreiend und hilft beim späteren Durchlesen, eine Entwicklung zu sehen, die im Mittendrinsein gar nicht so offensichtlich war.
Ein Arbeitstagebuch für ein Projekt ist ein Beispiel. Aufzeichnungen während turbulenter emotionaler Phasen sind der klassische Fall.
Will ich den Kopf frei bekommen?
Das Tagebuch kann ein guter Abladeplatz sein für all das, was wir so im Kopf mit uns rumschleppen. Warum es nicht einfach mal aufschreiben. Zum einen strukturiert sich manches schon durch bloßes Aufschreiben. Zum anderen ist es wunderbar zu wissen, es steht dort, ich muss jetzt nicht mehr darüber nachdenken.
Das Konzept der Morgenseiten bietet sich hier an. Oder am Abend, das ist eine klassische Zeit fürs Tagebuch. Der Tag kann damit abgeschlossen und weggepackt werden.
Will ich schreibend experimentieren und kreativ sein?
Das Tagebuch ist wunderbar geeignet, um kreatives Schreiben zu praktizieren und im Schreibfluss zu bleiben. Diesem Thema widme ich nächste Woche einen eigenen Artikel.
Wenn wir Tagebuch schreiben wollen, müssen wir unseren eigenen Weg finden. Das geht nur übers Ausprobieren. (Deshalb finden sich hier auch keine detaillierten Anweisungen.) Diese Entdeckungsreise in unser Leben und unsere Sichtweisen ist spannend.
Manche warnen vor der Ernüchterung. Wenn wir uns später durchlesen, wie belanglos die Tage sind, wie öde sich unsere Beschwerden über den Stress anhören…. Das ist nicht leicht zu ertragen. (Bin ich wirklich so?) An dieser Stelle wird gern aufgegeben. Aber gerade da liegt die Chance, genau an diesem Punkt können wir lernen:
- Wo ist das besondere in meinem Tag – wir üben einen geschäfter Blick, eine tiefere Achtsamkeit ein.
- Wenn ich immer wieder über die gleichen Dinge stolpere: welchen Wege kann ich einschlagen, auf dem es sich besser läuft?
- Was will ich? Was bewegt mich? Wer bin ich?
Das Tagebuch kann unser persönliches Wachstum begleiten und gestalten. Es kann uns durch die Möglichkeit des Niederschreibens helfen und Zeiten festhalten, die uns wichtig sind. Wer gern schreibt, sollte das ausprobieren. Es lohnt sich.
Teil 2 Tagebuch für Schreiblustige
Teil 3 Mein Weg des Tagebuchschreibens
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