In einem Interview sagte Thomas Wollinger: „Nichtschreiben ist ein wichtiger Teil des Schreibens.“ Er hatte meine spontane Zustimmung. Obwohl es so paradox klingt. Zeiten des Nichtschreibens müssen keine Katastrophe sein. Im Gegenteil. Folgende Gründe fand ich, warum das so ist.
1. Zuerst ist es eine Frage der Biologie. Niemand kann pausenlos schreiben. So wie niemand pausenlos wach sein kann. Wir müssen auch schlafen, essen, arbeiten, leben. Das alle kann von Schreiben begleitet sein, aber Zeiten ohne Stift oder Tastatur sind ganz natürlich.
2. Bevor ich schreibe, muss ich etwas erlebt haben. Innerlich oder äußerlich. Oder etwas recherchieren. Diese Zeit des Nichtschreibens ist wesentlich für ein gehaltvolles Schreiben. Sonst habe ich nichts zu sagen und zu schreiben, was auf Dauer langweilt.
3. Dieser Grund hängt mit dem 2. zusammen. Erlebtes oder Recherchiertes muss verarbeitet werden. Mein Vater nennt solche Phasen „damit schwanger gehen“. Das Thema arbeitet in uns, während wir unser Brot schmieren oder auf Arbeit fahren.
Dem Unterbewusstsein Zeit zu geben, bringt gute Ideen und tiefere Zusammenhänge ans Licht. Es ist ein sehr produktives Nichtschreiben, dass sich manchmal eruptiv die Bahn ins Schreiben bricht. Ich muss dann einfach aufzeichnen, was in mir gewachsen ist.
Für mich brauchen diese Phasen des Nichtschreibens ein Fundament der Schreibroutine. Wie ein Musiker täglich übt, um handwerklich „drin“ zu bleiben, so sollte unser Schreibhandwerk geschmeidig bleiben.
Einige Zeilen täglich genügen mir, um im Schreiben zu bleiben. Der Rest des Tages darf durch Nichtschreiben glänzen. Wenn sich größere Texte ergeben, bin ich vorbereitet. Genauso ist der Musiker durch sein Üben jederzeit bereit für ein Konzert.
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elbée (Donnerstag, 14 März 2013 14:39)
sehr wahr, sehr richtig - ich würde das auch muße nennen.
mein problem ist nur immer wieder, mir diese muße zu nehmen (zu gönnen ?). und leider wird aus dem täglichen üben auch nichts...